Vermehrungsprozess von Beet- und Balkonpflanzen und Zimmerpflanzen

Generative Vermehrung von Jungpflanzen

Hygiene (vor Anbau der Kultur)

Die Flächen, Gewächshauskonstruktionen, Töpfe oder Multiplatten/Trays sowie das Arbeitsmaterial, die Tische und Bändchengewebe der Standflächen werden vor dem Anbau der Kultur gründlich gereinigt und ggf. desinfiziert. Häufig findet gleichzeitig eine Belebung durch Mikroorganismen statt.

Beikrautregulierung

Eine großflächige Beikrautregulierung von Wegen sowie Flächen mit Bändchengewebe geschieht oftmals mittels eines Heißwassergerätes. Bei kleinräumigen Anwendungen wie unter Tischen oder auf Plattenwegen werden diese Flächen oftmals abgeflammt. Bei schwer zugänglichen Flächen geschieht die Beikrautregulierung mechanisch. Um Schadnager zu regulieren, werden Fallen aufgestellt.

Vermehrungsstufen

Mutterpflanzen (für Saatgut)

Eigene Mutterpflanzenbestände gibt es nur in Spezialbetrieben für die Saatgutproduktion (i. d. R. mit angeschlossener Züchtung). Diese liegen v. a. in warmen Anbaugebieten z. B. im Süden von Europa oder in Afrika. Viele der Kulturen werden nur in Südländern produziert, da ansonsten die Energiekosten für die notwendige Belichtung und das Heizen der wärmebedürftigen Pflanzen zu hoch wären.

Verfügbarkeit Saatgut

Im Profi-Anbau gibt es derzeit für Beet- und Balkonpflanzen und Zimmerpflanzen noch kein geeignetes bio-zertifiziertes Saatgut. Die wenigen Sorten, die gegenwärtig in Bio-Qualität verfügbar wären, sind für den Erwerbsgartenbau jedoch nicht geeignet, da ungleichmäßiges Pflanzenmaterial entstehen und zu viel Ausfall die Produktion unrentabel machen würde.

Saatgutbehandlung und Saatgutveredelung

Zeitpunkt: vor der Kultur nach Samenernte

Eine Behandlung des Saatguts gegen Bakterien und Viren ist physikalisch oder biologisch z. B. mit Heißluft, Heißwasser oder Essig möglich. Die Saatgutveredelung (z. B. Coating, Pillierung, Priming) muss bio-konform sein. Außerdem kann man das Saatgut vor der Aussaat mit Pflanzenstärkungsmitteln behandeln.

Die Direktsaat findet in Aussaateinheiten (Multitopfplatten, Trays oder Schalen) in einem leicht oder nicht aufgedüngten bio-konformen Substrat statt. Das Saatgut wird nach der Aussaat leicht mit Substrat bedeckt. Zudem wird es z. B. mit Vermiculit, Sand oder Perlite abgestreut, was eine Austrocknung verhindert. 

In spezialisierten Jungpflanzenbetrieben ist auch eine Einzelkornsaat durch die Anwendung einer Aussaatstraße (oder andere Sägeräte für kleinere Einheiten) in Erdpresstöpfen oder Multitopfplatten möglich. Diese gibt es in unterschiedlichen Modellen zu kaufen. Anschließend werden die Jungpflanzen mit Trichoderma, Mykorrhiza oder Mikroorganismen und weiteren Pflanzenstärkungsmitteln angegossen.

Das Substrat besteht vor allem aus Torf und weiteren bio-konformen Bestandteilen wie Sand, Kompost, Vermiculit oder Perlite. Bei Erdpresstöpfen kommen auch bio-konforme Bindemittel/Klebstoffe zur Stabilisierung zum Einsatz. Falls nötig, werden die Substrate zur Vermeidung von Krankheiten und Schädlingen gedämpft.

Falls keine Einzelsaat stattgefunden hat, werden die Pflanzen nach der Keimung in Multitopfplatten pikiert (vereinzelt). Je nach benötigter Keimtemperatur, ist ein Kühl- oder Keimraum zur Temperaturregulierung des Keimprozesses nötig.

Gießen

Die Kulturen werden regelmäßig mit Wasser gegossen (mit Stadtwasser und/oder Regenwasser, Brunnenwasser). Hier gibt es verschiedene Gießtechniken wie z. B. Ebbe-Flut, von oben mit Düsen, das Nutzen von Gießwägen oder händisches Gießen mit einer Brause. Das Wasser kann dazu aufbereitet werden. Hier sind verschiedene Methoden zur Wasserdesinfektion, Filterung und Wasservitalisierung möglich. Zudem bringen die meisten Betriebe regelmäßig ihre Pflanzenstärkungsmittel zusammen mit der Bewässerung aus.

Nachdüngung

Einerseits werden je nach Bedarf bio-konforme Flüssigdünger ausgebracht, z. B. mithilfe eines Dosierungsgerätes im Gießwasser. Außerdem kann man über die Bewässerung Brühen, Jauchen und Tees (z. B. Komposttee, Beinwelljauche, bio-dynamische Präparate) zuführen. Bio-konforme, feste Dünger zur Nachdüngung können mechanisch oder händisch ausgebracht werden. Zusätzlich kann es je nach Bedarf der Kultur notwendig sein, mit bio-konformen Spurenelementen zu düngen.

Belichtung/Schattierung

Ggf. wird in der dunklen Jahreszeit eine Belichtung und in den Sommermonaten eine Schattierung notwendig.

Pflanzenschutz, vorbeugend und direkt

Vorbeugender Pflanzenschutz: In der weiteren Kulturführung werden regelmäßig Nützlinge als Gegenspieler von Schädlingen eingesetzt sowie ein Schädlingsmonitoring, z. B. mithilfe von Leimfallen, durchgeführt. Dabei werden die Nützlinge mit unterschiedlichen Methoden ausgebracht. Während Nematoden gegossen werden, können parasitische Wespen und Ähnliches in einer offenen Zucht vermehrt werden. Weitere Nützlinge können beispielsweise in Streugranulat ausgebracht werden. Zudem können Nützlinge etwa mit Rohrkolbenpollen oder Blühstreifen an den und in den Treibhäusern gefüttert werden.

Außerdem werden Pflanzenstärkungsmittel, Bodenhilfsstoffe, Pflanzenhilfsmittel und Biostimulanzien zur Stärkung der Pflanzen eingesetzt. Diese Mittel werden gespritzt, vernebelt oder mit entsprechender Gießtechnik gegossen. Auch die Klimaführung ist ein wichtiger Faktor zur Gesunderhaltung der Pflanzen. 

Direkter Pflanzenschutz: Ein direkter Pflanzenschutz gegen Krankheiten (v. a. Pilzkrankheiten wie Falscher u. Echter Mehltau, Botrytis oder bodenbürtige Krankheiten wie Phytophthora, Phytium) und Schaderreger (v. a. Läuse, Thripse, Trauermücken) findet im Betrieb bei Befall entweder flächendeckend oder in einer Herdbehandlung mit bio-konformen Pflanzenschutzmitteln und entsprechend möglichen Zusatzstoffen statt. Oftmals sind nur Herdbehandlungen basierend auf einem regelmäßigen Schädlingsmonitoring im Bestand nötig. Des Weiteren können bio-konforme Grundstoffe zum direkten Pflanzenschutz eingesetzt werden. Gemäß Pflanzenschutzgesetz dürfen Pflanzenschutzmittel und Grundstoffe in der Regel nur gespritzt werden, wobei einige wenige auch gegossen werden dürfen. Außerdem ist es möglich, Schädlinge mit Leimfallen abzufangen.

Der Einsatz von chemisch-synthetischen Hemmstoffen zum Kompakthalten der Pflanzen ist im Bio-Anbau nicht möglich. Daher müssen andere Maßnahmen und Methoden angewandt werden, z. B. die folgenden:

  • Dichter Stand der Töpfe zu Beginn
  • Mehrmaliges Auseinanderrücken der Töpfe
  • Idealer Topftermin
  • Temperaturführung (Cool Morning und Temperatur-Differenz)
  • Stutzen der Pflanzen/Entblättern
  • Bio-konforme, organische und mineralische Düngung (u. a. silizium- und kaliumsulfathaltige Dünger)
  • Kompostanteil im Substrat erhöhen
  • Pflanzenstärkungsmaßnahmen
  • Trockenere Kulturführung
  • Erneutes Umtopfen
  • Mechanisches Kompakthalten mit Streichelwagen und Luftreiz
  • Anpassen der Belichtung

Eine Einschränkung in der Temperaturführung und der Energiequelle wird von der EU-Bio-Verordnung nicht vorgegeben.

Generative Vermehrung