Produktionsprozess Stauden und Gräsern

Produktion der Fertigware, aus generativ und vegetativ vermehrten Jungpflanzen

Vorbereitungen vor der Kultur

Die Flächen, das Arbeitsmaterial und die Bändchengewebe der Standflächen werden vor dem Anbau der Kultur gründlich gereinigt, woraufhin meistens eine Belebung durch Mikroorganismen stattfindet. Wiederverwendbare Töpfe können bei Spezialunternehmen mit Heißwasserdampf sterilisiert werden. 

Eine großflächige Beikrautregulierung auf Wegen sowie Flächen mit Bändchengewebe geschieht häufig mit einem Heißwassergerät. Bei kleinräumigen Anwendungen wie auf Plattenwegen werden die Flächen i. d. R. abgeflammt. Bei schwer zugänglichen Flächen geschieht die Beikrautregulierung mechanisch. Zusätzlich werden Fallen aufgestellt, um Schadnager zu regulieren.

Produktionsstufen

Pflanzenvermehrungsmaterial

Wenn das Pflanzenvermehrungsmaterial nicht selbst produziert wird, kann von anderen bio-zertifizierten Betrieben Bio-Pflanzenvermehrungsmaterial zugekauft werden. Konventionelles, vegetatives Pflanzenvermehrungsmaterial kann unter bestimmten Bedingungen eingesetzt werden, während konventionelles, generatives Pflanzenvermehrungsmaterial nur bei mehrjährigen Arten verwendet werden darf.

Verfügbarkeit des Vermehrungsmaterials

Ein Teil des Pflanzenvermehrungsmaterials wird in Spezialbetrieben für Bio-Staudenjungpflanzen produziert. Allerdings haben viele Bio-Staudenbetriebe ein vielseitiges eigenes Mutterpflanzenquartier im Freiland, mit dessen Material sie einen großen Teil der Jungpflanzen selbst produzieren. Trotzdem kann der Zukauf von konventionellem Vermehrungsmaterial notwendig sein, wenn ein sehr tiefes und breites Sortiment angeboten werden soll (siehe auch » Verfügbarkeit PVM). Zu beachten ist, dass es „Neuheiten“ i. d. R. zuerst bei konventionellen Züchtern/Anbietern gibt, wobei eine gute Eignung für den Bio-Anbauprozess oder Langlebigkeit im biologisch bewirtschafteten Hausgarten bisher keine Züchtungsziele sind.

Substratbestandteile

Die Substratzusammensetzung richtet sich immer nach den Anbaumethoden im Betrieb (Boden- oder Tischkultur, Anstau- oder Überkopf-Bewässerung) und nach den Ansprüchen der Kulturen hinsichtlich Nährstoffangebot, Wasservorrat, pH-Wert, u. v. m. Derzeit dominieren im Anbau mehr oder weniger torfreduzierte Substrate, wobei auch torffreie Kulturerden zunehmend betrieblich getestet werden. Neben Torf werden weitere bio-konforme Zuschlagstoffe wie Holzfaser und Kokos sowie Komposte eingesetzt, wobei bestimmte Vorgaben beachtet werden müssen. Bei Stauden wird den Substraten - im Unterschied zum Topfkräuter- und Zierpflanzenbau - gern ein kleiner mineralischer Bestandteil wie Blähton, Split oder Weichton beigemischt.

Grund- oder Punktdüngung

Eine organische Grundbevorratung mit bio-konformen organischen und mineralischen Düngern ist in den meisten Substraten enthalten. Neben Stickstoff-, Phosphor- und Kaliquellen werden bei einigen Kulturen auch Spurenelemente (z. B. bei eisenbedürftigen Arten) mit dem Substrat vermengt. Einige Betriebe setzen ungedüngte Substrate (sogenannte Null-Substrate) ein und mischen Düngemittel erst beim Topfen etwa durch Punktdüngung an der Topfmaschine dazu. Dies soll die Lagerfähigkeit der Erden erhöhen und Mineralisationsverluste reduzieren.

Topfen

Das Vermehrungsmaterial wie bewurzelte Stecklinge, Setzlinge oder Sämlinge (siehe Produktionsprozess Ausgangsmaterial generativ und vegetativ), wird üblicherweise mit aufgedüngtem bio-konformem Substrat händisch oder mittels einer Topfmaschine getopft. Anders als beispielsweise bei vielen 1-jährigen Kräutern, erfolgt eine Direktsaat in den Endverkaufstopf in der Regel nicht.

Stecklingsvermehrbare Pflanzen werden in Multiplatten/Trays kultiviert und gehandelt. Häufig geschieht die Anzucht in abbaubaren Vliesnetzen. Sie werden mitgetopft und zersetzen sich im Substrat. Auch bei den Töpfen selbst kommen abbaubare oder voll recyclingfähige Materialien (PCR PIR, Kreislaufwirtschaft) zum Einsatz. Häufige Topfgrößen sind hier 9x9 bzw. 11x11 cm Vierkanttöpfe oder, wie im Zierpflanzenbau üblich, Rundtöpfe mit 10 bis 13 cm Durchmesser. Im Staudenbereich steigt vor allem in den Sommermonaten die Nachfrage nach Ware in größeren Containern.

Das Substrat zum Topfen wird von Substratherstellern meistens zu individuellen Mischungen gemischt. Nur wenige Betriebe mischen ihr Substrat komplett selbst bzw. fügen Düngemittel oder Kompost selbst hinzu. Oft werden frisch getopfte Kulturen mit einem „Start-Cocktail“ aus Mikroorganismen und anderen Pflanzenstärkungsmitteln angegossen, um im Substrat möglichst viele wachstumsfördernde, „belebende“ Komponenten anzusiedeln. So wird das pflanzliche Immunsystem gestärkt und zugleich der mögliche Ausbreitungsraum für Pflanzenpathogene reduziert.

Mulchen

Zur Beikrautunterdrückung wird bei Kulturen mit längeren Standzeiten die Substratoberfläche mit Sägemehl, Reisspelzen oder feinstem Rindenstreu abgedeckt. Bei Großcontainern kommen auch Kokosscheiben zum Einsatz.

Ausstellen

Die Pflanzen werden auf Stellflächen (Topfquartiere) i. d. R. im Freiland und auf dem Boden kultiviert. Diese Stellflächen werden je nach Untergrund und regionaler Materialverfügbarkeit mit Lava, Schotter oder einer Sandschicht stabilisiert und plangemacht. In Gewächshäusern wird je nach Bauart auch auf Beton- oder Pflasterböden gearbeitet, v. a. dort, wo neben der Kultur auch innerbetrieblicher Verkehr belastbaren Untergrund benötigt. Wasserdurchlässiges Bändchengewebe deckt die meisten Flächen ab und verhindert den Beikrautaufwuchs.

Es gibt unterschiedliche Bauweisen, je nachdem, ob es sich um offene oder geschlossene Bewässerungssysteme handelt. Bei geschlossenen Bewässerungssystemen wird überschüssiges Wasser aufgefangen, gespeichert, gefiltert und wiederverwendet. Dies kann durch eine Anlage mit Abwasserteich, Sandfilter und Reinwasserteich geschehen. Im Vergleich dazu wird in offenen Systemen das Gießwasser i. d. R. aus Brunnen gefördert, während das Restwasser im Boden versickert.

Gießen

Die Kulturen werden bedarfsgemäß mit Wasser versorgt. Hierfür kommt Stadtwasser, Regen- und/oder Brunnenwasser zum Einsatz, das je nach pH-Wert oder Eisengehalt verschnitten wird (d. h. es wird eine Mischung aus verschiedenen Herkünften des Wassers genutzt). Dabei kommen unterschiedliche Gießtechniken zur Anwendung, meist wird allerdings „über Kopf“ mit Gießwagen, Düsensträngen oder Rotationsregnern gegossen. Immer wieder muss gerade bei vielfältigen Kulturen auch händisch mit dem Gießgerät Wasser ausgebracht werden, während Ebbe-Flut-Tische im Staudenbereich selten sind. Letztere werden in Privatverkaufsbereichen oder in Umstellungsbetrieben eingesetzt, die ursprünglich zur Zierpflanzenkultur gebaut wurden. Gießwasser kann mit bio-konformen Methoden aufbereitet sein, wie mittels Desinfektion oder Filterung.

Düngen

Die Kulturen werden bei Bedarf mit organischen Flüssigdüngern gedüngt. Dies findet meistens mithilfe eines Dosiergerätes in Verbindung mit der Bewässerung statt. Zudem können die Pflanzen mit eigens hergestellten Brühen, Jauchen und Tees (z. B. Komposttee, Beinwelljauche, bio-dynamische Präparate) gestärkt und düngt werden. Auch können feste Dünger zur Nachdüngung sowohl händisch als auch mechanisch ausgebracht werden. Hier ist darauf zu achten, dass die gewählten Dünger im Zersetzungsprozess nicht verpilzen, was die Ware - zumindest vorübergehend - unverkäuflich machen kann.

Pflanzenschutz

Vorbeugender Pflanzenschutz wird priorisiert und geschieht durch den regelmäßigen Einsatz von Pflanzenstärkungsmitteln und Bodenhilfsstoffen sowie durch ein intensives Schädlingsmonitoring. Im Freiland können Nützlinge mithilfe von Blühstreifen/-inseln und in Gewächshäusern auch mit „Offener Zucht“ wie in Großtöpfen mit Getreide etabliert werden.
Kurativer Pflanzenschutz gegen pilzliche und bakterielle Krankheiten (v. a. Echter und Falscher Mehltau, Botrytis oder bodenbürtige Krankheiten wie Phytophtora oder Pythium) sowie Schädlinge (v. a. Läuse, Thripse und Trauermücken) findet mit bio-konformen Pflanzenschutzmitteln statt.

Dabei sind häufig nur Herdbehandlungen durch regelmäßiges Schädlingsmonitoring nötig.

Schattierung

Kulturgruppenspezifisch ist eine Schattierung der Standflächen notwendig. Wo kein natürlicher Schatten zur Verfügung steht, werden Schattiergewebe fix oder mobil an Rohrkonstruktionen installiert.

Bei Bedarf werden Stauden mechanisch gestutzt, um sie kompakt zu halten und den Bewässerungsaufwand zu reduzieren. Hierfür können Scheren, Heckenscheren und Supercuts eingesetzt werden. Chemische Wachstumsbegrenzer (Hemmstoffe) sind im Bio-Anbau verboten. 

Früh im Jahr werden Pflanzen eng zueinander aufgestellt, um Vliese oder Folien platzsparend zu nutzen. Später jedoch brauchen besonders stark wachsende Arten mehr Platz, sodass sie bei längeren Standzeiten weiter auseinander gerückt werden, um gesund wachsende Stauden zu kultivieren.

Rechtsgrundlage der EU-Bio-Verordnung
Stauden und Gräser, Produktion