Umstellung auf die Bio-Wirtschaftsweise
Voraussetzungen für eine Umstellung
Die Umstellung auf den Bio-Anbau bringt viel Neues mit sich. Eine sorgfältige Vorbereitung minimiert die Risiken und schafft Platz für Innovationen. Zu Beginn sollten Sie sich mit den Anforderungen und Hintergründen des Bio-Anbaus auseinandersetzen. Im Betrieb sollte man sich vor einer Umstellung mithilfe von Fachberatung und der Vernetzung zu Bio-Betrieben schrittweise an die Bio-Produktion herantasten und vor einer Zertifizierung genügend Zeit lassen, um Kultur-Erfahrungen v. a. im Bereich organische Düngung und biologischer Pflanzenschutz zu sammeln.
Folgende Fragen sollten Sie sich vor einer Umstellung stellen, um zu wissen, ob Ihr Betrieb für den Bio-Anbau geeignet ist:
- Sind Ihnen die Anforderungen und Hintergründe des Bio-Anbaus bekannt?
- Haben Sie umfassende Kulturerfahrungen und Sortimentskenntnisse?
- Haben Sie bereits Erfahrungen im Einsatz von Pflanzenstärkungsmitteln, den im Bio-Anbau zulässigen Pflanzenschutzmitteln und/oder Nützlingen?
- Haben Sie Erfahrungen mit der Strategie der organischen Düngung (vorwiegende Grunddüngung, ergänzende flüssige Nachdüngung)?
- Ist Ihr Düngesystem für den Einsatz organischer Flüssigdünger geeignet, oder kann es umgerüstet werden?
- Haben Sie bereits versuchsweise auf den Einsatz von Wuchshemmstoffen verzichtet?
- Sind Ihre Produktionsflächen für eine hygienische und energiesparende Produktion geeignet?
- Bestehen Kontakte zu Kolleg:innen aus dem biologischen Anbau von Zierpflanzen oder Gemüse?
- Stehen Ihre Familie und die Belegschaft hinter dem Schritt zum Bio-Anbau (v. a. bei der Umstellung)?
- Haben Sie realistische Vorstellungen und Ziele?
- Was sind die wirtschaftlichen Hintergründe Ihres Betriebes?
- Sind Investitionen nötig?
- Was sind Ihre Reserven, Ihre Liquidität?
- Welche möglichen Vermarktungswege für Ihre Bio-Zierpflanzen gibt es?
- Ist die Vermarktung gesichert oder sind erste Absprachen mit möglichen Abnehmern erfolgt?
- Stellen Sie Ihren Betrieb nur teilweise um? Lassen sich die für den Bio-Anbau vorgesehenen Betriebsteile vollständig vom restlichen Betrieb trennen?
Quelle (ergänzt) und weitere Infos unter:
Spezielle Informationen in dem Merkblatt nur für österreichische Betriebe: https://www.fibl.org/fileadmin/documents/shop/1124-zierpflanzenanbau.pdf
Allgemeine Schritte einer Umstellung
1. Abschluss Kontrollvertrag und Erstkontrolle
Der Vertrag muss mit einer zugelassenen Öko-Kontrollstelle abgeschlossen werden. Zusätzlich kann die Mitgliedschaft bei einem Anbauverband beantragt werden.
Der Vertragsbeginn ist der Beginn der Umstellung. Mit Einstieg in das EU-Bio-Kontrollverfahren beginnt die Aufzeichnungspflicht gemäß der EU-Bio-Verordnung für Zu- und Verkäufe sowie für den Betriebsmitteleinsatz.
Nach Abschluss des Kontrollvertrages erfolgt die Erstkontrolle. Nach der Erstkontrolle wird in Abhängigkeit der Kulturen und des Flächenstatus ggf. bereits im 1. Jahr ein EU-Bio-Zertifikat mit den entsprechenden Zertifizierungsbereichen erteilt (ggf. auch ein Zertifikat Ihres Anbauverbandes).
2. Kennzeichnung der Ware und Lieferscheine
Nach Erteilung des Zertifikates dürfen die Produkte beim Anbau im gewachsenen Boden nach dem 1. Umstellungsjahr entsprechend des Status der Fläche (siehe » Umstellung im gewachsenen Boden) verkauft werden.
Beim Anbau im Topf sind keine Umstellungszeiten zu beachten (siehe » weitere Kriterien siehe dort).
Auf den Etiketten, Banderolen, Eimern, dem Topfaufdruck, den Stecketiketten und dem Warenbegleitpapier (Lieferschein) muss die Code-Nummer der Kontrollstelle und ein produktbezogener Bio-Hinweis angegeben sein (siehe » Kennzeichnung und Verpackung und » Begleitpapiere)
Umstellungszeiten und Vermarktungsvorgaben
Bevor Zierpflanzen als biologisch gekennzeichnet werden dürfen, müssen die Anbauflächen des Betriebs eine Phase der Umstellung durchlaufen, in der bereits die Regeln des Öko-Landbaus eingehalten werden. Die Art und Dauer der Umstellung ist bei Zierpflanzen je nach Kultur und Kulturweise verschieden. Je nachdem, ob Dauerkulturen, 1- oder 2-jährige Schnittblumen oder Topfpflanzen kultiviert werden. (Siehe wie folgt)
Umstellung der Kultur im gewachsenen Boden
Die Umstellung beginnt mit dem Datum, ab dem der Betrieb sich bei einer Öko-Kontrollstelle anmeldet. Das Datum der Anmeldung ist entscheidend dafür, ab wann Erzeugnisse einer Fläche als Öko-Ware in den Verkauf gehen können.
Bereits 12 Monate nach Umstellungsbeginn dürfen die Erzeugnisse mit dem Hinweis "Erzeugnis aus der Umstellung auf den ökologischen Landbau" gekennzeichnet werden. Eine Verwendung des EU-Bio-Logos ist für Umstellungserzeugnisse nicht möglich.
Umstellungszeiten und Kennzeichnung
Im Wesentlichen sind folgende Umstellungszeiten und Vermarktungsvorgaben zu beachten:
Liegt der Umstellungsbeginn der jeweiligen Fläche bei der Ernte noch keine 12 Monate zurück, ist kein Bio-Hinweis zulässig. Wird nach mindestens 12 Monaten geerntet, können die Erzeugnisse mit Hinweis auf die Umstellung (z. B. Schnittblumen aus der Umstellung) vermarktet werden.
Bevor pflanzliche Erzeugnisse als Bio-Erzeugnisse gekennzeichnet werden dürfen, müssen folgende Umstellungszeiträume eingehalten werden:
- 24 Monate vor der Aussaat bzw. Pflanzung bei 1-jährigen Kulturen
- 24 Monate vor der Ernte bei überjährigen Kulturen (z. B. 2-jährige Schnittblumen wie Bartnelken)
- 36 Monate vor der Ernte bei Dauerkulturen (Weihnachtsbäume, Rosen usw.)
Reinigung von Geräten usw.
Pflanzenschutzmittelspritzen, Düngerdosierungsgeräte, Leitungen usw. müssen wirksam gereinigt werden. Auch muss das Wasser im Rücklaufbecken ausgetauscht und das Becken gereinigt werden.
Falls der gewachsene Boden im geschützten Anbau (z. B. Gewächshaus, Tunnel) ist, sind folgende zusätzlichen Schritte wichtig:
- Gewächshäuser und Tunnel komplett leerräumen
- Säubern der Glasflächen, Gewächshauskonstruktion usw.
- Austausch oder sehr gründliche Reinigung der Schattierungen
Voraussetzungen der Bio-Produktion von Kulturen in Töpfen, Containern usw.
Für Topfkulturen gibt es keine Umstellungszeit. Die Bio-Produktion beginnt, wenn die Gewächshäuser und Stellflächen komplett leergeräumt und gereinigt wurden.
Räumen und Reinigung
Vor Produktionsbeginn von Bio-Pflanzen müssen Gewächshäuser und Stellflächen vollständig leergeräumt sein. Danach erfolgt die Reinigung der Stellflächen, Gewächshäuser, der Gewächshauskonstruktion, der Glasflächen und Energieschirme.
Folgende Schritte sind wichtig:
- Gewächshäuser, Stellflächen komplett leerräumen
- Säubern der Stellflächen, Glasflächen, Gewächshauskonstruktion usw.
- Austausch von Vliesen und ggf. Austausch oder sehr gründliche Reinigung der Schattierungen, Leitungen und Bändchengewebe usw.
- Austausch des Wassers im Rücklaufbecken und Reinigung des Beckens
- Pflanzenschutzmittelspritzen müssen wirksam gereinigt werden.
Bio-konforme Erzeugung
Der anschließende Anbau muss mit bio-konformen Erden- und Substraten, Pflanzenschutzmitteln und Düngern erfolgen. Das Pflanzenvermehrungsmaterial muss in Bio-Qualität eingesetzt werden bzw. der Einsatz darf erst dann erfolgen, wenn vor der Aussaat oder der Pflanzung eine Ausnahmegenehmigung vorliegt. Hier gibt es ggf. abweichende Vorgaben in jedem Bundesland (die Kontrollstelle kann hier entsprechend informieren, siehe » Betriebsmittel).
Weitere wichtige Voraussetzung
Bei nicht versiegelten Stellflächen muss gewährgeleistet werden, dass es vor dem Ende der Umstellungszeit des Bodens nicht zur Durchwurzelung der Pflanzen durch den Topf in den gewachsenen Boden kommen kann. Hier kann z. B. ein nicht durchwurzelbares Bändchengewebe (evtl. doppelt verlegt) als Durchwurzelungssperre dienen. Eine Kiesfläche, die durchwurzelt werden kann, ist z. B. keine ausreichende Sperre.
Parallelanbau und Betriebe mit Bio-Einheit und konventioneller Einheit
Betriebe mit unterschiedlichem Flächenstatus (Parallelanbau)
Parallelanbau (anerkannte Fläche und Fläche aus der Umstellung)
Werden Erzeugnisse ggf. Sorten und Arten (z. B. 1-jährige Schnittblumen oder auch Dauerkulturen) parallel sowohl auf anerkannten als auch auf Flächen in der Umstellung und noch konventionellen Flächen erzeugt, darf die Ernte der Bio-Fläche nur unter den folgenden Bedingungen mit Bio-Hinweis verkauft werden:
- Erzeugnisse der Flächen mit unterschiedlichem Status müssen getrennt geerntet, gelagert und vermarkten werden.
- Entsprechende Nachweise hierüber sind beim nächsten Kontrollbesuch vorzulegen.
- Die Kontrollstelle ist 14 Tage vor der geplanten Ernte zu informieren.
Falls die Trennung bei Ernte, Lager und Verkauf nicht möglich ist oder nicht belegt werden kann, ist die gesamte Erntemenge mit dem niedrigsten Status aller enthaltenen Partien zu kennzeichnen.
Betriebe mit Bio-Einheit und konventioneller Einheit
Die EU-Bio-Verordnung lässt zu, dass neben der Bio-Einheit auch eine konventionelle Betriebseinheit möglich ist. Voraussetzung ist, dass in der Bio-Einheit nur Sorten/Arten erzeugt werden, die sich von Sorten/Arten die in der konventionellen Einheit erzeugt werden, leicht und in jedem Entwicklungsstadium von Laien unterscheiden lassen.
Bei Bio-Betrieben mit einer konventionellen Betriebseinheit sind u. a. folgende Bedingungen zu beachten:
- Räumlich deutliche Trennung der Gewächshauseinheiten und Stellflächen mit Kennzeichnung der Bio-Bereiche.
- Bio-Gewächshäuser und -Flächen müssen im Flächenübersichtsplan/auf Luftbildern als solche gekennzeichnet sein.
- In der Schlagliste müssen die konventionellen Flächen ebenfalls aufgenommen werden.
- Getrennter Wasser- und Düngerkreislauf im Bio-Bereich. Keine Gefahr von Rückläufen aus konventionellen Rücklaufbecken.
- Wirksame und deutliche Trennung der Betriebsmittellager für Dünger, Substrate, Pflanzenschutzmittel und Saatgut. Es sind z. B. separate Pflanzenschutzmittelschränke für den Bio-Bereich bereitzustellen und zu kennzeichnen.
- Wirksame Reinigung der Pflanzenschutzmittelspritze, die für den Bio-Bereich vorgesehen ist und die deutliche Bio-Kennzeichnung.
- Wirksame Vermeidung von Abdrift bei Pflanzenschutzmittel- oder Düngerausbringung vom konventionellen Bereich in den Bio-Bereich.
- Wirksame Reinigung von Maschinen und Techniken, die in beiden Bereichen genutzt werden. Vor dem Einsatz im Bio-Bereich muss eine Dokumentation über Reinigungsprotokolle (z. B. Topfmaschine) stattfinden und die Mitarbeitenden entsprechend geschult werden.
Förderung
Manche Bundesländer fördern den biologischen Zierpflanzenbau. Über Fördermöglichkeiten der jeweiligen Bundesländer und Fristen der Anträge sollte man sich am besten frühzeitig informieren.
Siehe hierzu: https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/betrieb/oeko-foerderung/
Voraudit der Kontrollstelle
Bei komplexen Betriebsstrukturen und v. a. bei Teilbetriebsumstellung mit einer konventionellen Betriebseinheit bieten die meisten Öko-Kontrollstellen ein Voraudit an. Hier werden die wichtigsten Maßnahmen und wichtigsten Punkte vor Ort besprochen, festgelegt und dokumentiert. Falls sich hierbei zeigt, dass Bio in Ihrem Betrieb nicht funktioniert, können Sie das Kontrollsystem unbürokratisch und schnell bei geringem Aufwand wieder verlassen.
Vernetzung mit Kolleg:innen und weitere Infos
Ein gutes Netzwerk ist wichtig v. a. mit Kolleg:innen, die bereits Erfahrungen mit dem biologischen Anbau von Zierpflanzen haben. Auch eine betriebswirtschaftliche Beratung und weitere Unterstützung durch Expert:innen/Berater:innen ist hilfreich.
Ein gutes Netzwerk bietet hier z. B. der Verein föga. Hier ist auch eine aktuelle Liste der Berater:innen zu finden (Verband und weitere), die sie in diesem Bereich beraten und bei der Umstellung unterstützen können.
Webseite des Vereins föga e.V. www.bio-zierpflanzen.de
Auch macht es Sinn, sich bei den Anbauverbänden zu informieren.
Verwendung der Begriffe „bio“ und „öko“ in Werbung, Artikeln usw.
Bezeichnungen wie „ökologisch“ und „biologisch“ sowie „Bio„ und „Öko„, alleine oder kombiniert, dürfen zur Kennzeichnung der Erzeugnisse und in der Werbung verwendet werden, wenn diese Erzeugnisse den Vorschriften der EU-Bio-Verordnung entsprechen. Dies gilt auch für Handelsnamen oder Firmennamen. Für Praktiken in der Kennzeichnung oder Werbung dürfen diese nicht genutzt werden, wenn dadurch die Verbraucher:innen oder Nutzer:innen irregeführt werden.
Beispiele machen es klarer:
- Ein nicht bio-zertifizierter Betrieb darf z. B. nicht damit werben, dass er Bio-Saatgut einsetzt oder ökologisch düngt.
- Ist der Betrieb bio-zertifiziert, befindet sich aber noch in der Umstellung und hat nur konventionelle Erzeugnisse oder Erzeugnisse aus der Umstellung im Angebot, darf er noch nicht damit werben, dass er Bio-Erzeugnisse anbietet oder ein Bio-Betrieb ist, sondern darf zunächst nur werben, dass er sich dem Kontrollverfahren nach der EU-Bio-Verordnung unterstellt. Er darf aber bereits damit werben, dass er Bio-Saatgut einsetzt.
Rechtsgrundlage der EU-Bio-Verordnung
- VO 2018/848 Art. 9 (7), (8), (9), (10), Art. 10 und Art. 30
Beispiel für mögliche Verstöße und Vorsorgemaßnahmen
Ein Unternehmen produziert unter Glas und hat sowohl eine konventionell betriebene Betriebseinheit als auch einen Bio-Betrieb (mit deutlicher und wirksamer Trennung der beiden Bereiche). Im Bio-Betrieb sind zeitweise viele Tische frei, im konventionellen Betrieb wird es zur gleichen Zeit eng. Kurzerhand wird ein Teil der konventionellen Ware auf Tische des Bio-Betriebs geräumt und dort bio-konform weiterkultiviert. Der Abverkauf erfolgt mit Status konventionell.
Damit sind ggf. zur gleichen Zeit sowohl im Bio-Betrieb als auch im konventionellen Betriebszweig die gleichen Sorten vorhanden (Voraussetzung der Parallelerzeugung nicht eingehalten). Außerdem wurden konventionelle Pflanzen ohne Genehmigung in den Bio-Betrieb aufgenommen. Eine Kontamination mit nicht bio-konformen Substanzen kann nicht ausgeschlossen werden.
Jede Änderung in der Betriebsweise soll zuvor mit der Kontrollstelle abgesprochen werden, um mögliche Sanktionen zu vermeiden und ggf. Lösungen im Einzelfall in Absprache und mit Kenntnis der Kontrollstelle zu entwickeln.
Weitere Infos im Netz und Merkblätter
Merkblatt Umstellung Zierpflanzen - Erfolgreich in den Biozierpflanzenbau starten (Spezielle Infos nur für österreichische Betriebe) https://www.fibl.org/fileadmin/documents/shop/1124-zierpflanzenanbau.pdf
Webseite des Vereins föga e. V. www.bio-zierpflanzen.de
Umstellungszeitpläne Ökolandbau https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/umstellung/umstellungszeitplaene/
Schritte zur Umstellung https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/umstellung/schritte-zur-umstellung/
Liste Öko-Kontrollstellen https://www.oekolandbau.de/service/adressen/oeko-kontrollstellen/