Pflanzenschutz und Pflanzenstärkung

Allgemeine Bestimmungen

Im biologischen Anbau steht das Vorbeugen von Krankheiten und Schädlingen im Vordergrund. Alle Kulturmaßnahmen wie die Düngung, die Bodenbearbeitung oder die Art- und Sortenwahl sind darauf ausgerichtet, die Ausbreitung von Schaderregern zu begrenzen.

Bausteine für eine gute Pflanzengesundheit

Für eine gute Pflanzengesundheit sind optimale Wachstumsbedingungen entscheidend. Der biologische Anbau schenkt dabei folgenden Faktoren besondere Aufmerksamkeit:

  • Belebter und gut durchlüfteter Boden bzw. Substrat mit vielfältigem Mikroorganismenbesatz
  • Gleichmässige Wasserversorgung
  • Ausgeglichene Nährstoffversorgung
  • Optimale Kulturbedingungen wie Temperatur, Standweite usw.
  • Widerstandsfähigkeit und Wüchsigkeit der kultivierten Arten und Sorten
  • Geeignete Auswahl an Arten, Sorten und heterogenem Material
  • Gesundes Saatgut bzw. gesunde Jungpflanzen
  • Vielfältige Fruchtfolge
  • Konsequente Pflanzen- und Gewächshaushygiene
  • Belebung von Gewächshausflächen und Konstruktionen mit Mikroorganismen
  • Etablierung weiterer nützlicher Organismen wie z. B. Nützlinge im Bestand

Alle diese Faktoren tragen als vorbeugende Maßnahmen zur Entwicklung gesunder und robuster Pflanzen bei und verhindern - oder zumindest verringern - den Befall mit Schadorganismen oder das Auftreten physiologischer Störungen. Welche Vorbeugemaßnahmen gewählt werden, unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Produktionssystemen.

Vorbeugende Maßnahmen

Vorbeugende Maßnahmen im Freiland

Im Freiland werden die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit durch vorbeugende Maßnahmen bei der Pflanzung wie große Standweiten und die Anlage von Beeten und Reihen in Hauptwindrichtung möglichst im Optimum gehalten. Dabei werden feuchte oder kalte Standorte vermieden. Die Gestaltung der Fruchtfolge und die optimale Integration von natürlichen Ausgleichsflächen wie Wildblumenstreifen mit angepasster Artenzusammensetzung können entscheidend zur Pflanzengesundheit beitragen. Außerdem hat sich zur Regulierung einiger Schädlinge auch der Einsatz von Fallen und Netzen bewährt.

Vorbeugende Maßnahmen im Gewächshaus

Im Gewächshausanbau ist Hygiene die wichtigste Grundlage für eine erfolgreiche Kultur. Abgeerntete Pflanzen müssen aus dem Gewächshaus rasch entfernt werden und in der Bodenkultur sollte nur Kompost bester Qualität eingesetzt werden.

Der 2. wichtige Punkt ist eine optimale Klimaführung, die viele Krankheitsprobleme verhindern und Schädlingsdruck vermindern kann. Der Nützlingseinsatz – einschließlich der offenen Zucht – ist mittlerweile fester Bestandteil einer jeden Gewächshauskultur und aus diesem Anbausystem nicht mehr wegzudenken.

Vorbeugende Maßnahmen in Substratkulturen

In Substratkulturen spielt neben der Hygiene auch eine Belebung durch den Einsatz von Mikroorganismen auf Tischen usw. eine wichtige Rolle. Eine Belebung des Substrats erfolgt auch durch einen hohen Anteil von Qualitätskompost. Entscheidend sind ebenso eine optimale Nährstoffversorgung, eine Stärkung der Pflanzen durch Pflanzenstärkungsmittel und Mikroorganismen sowie optimale Topftermine und eine angepasste Klimaführung. 

Pflanzenstärkungsmittel

Pflanzenstärkungsmittel sind Stoffe und Gemische einschließlich Mikroorganismen, die ausschließlich dazu bestimmt sind, allgemein der Gesunderhaltung der Pflanzen zu dienen oder Pflanzen vor nicht-parasitären Beeinträchtigungen zu schützen. Sie dürfen keine schädlichen Wirkungen auf Menschen, Tiere oder das Grundwasser und auch keine sonstigen, nicht vertretbaren Umweltwirkungen haben. Pflanzenstärkungsmittel sind lediglich registriert und bedürfen keiner Zulassung. Zudem sind diese nach der EU-Bio-Verordnung nicht geregelt und können daher grundsätzlich im biologischen Anbau verwendet werden. Die registrierten Pflanzenstärkungsmittel werden auf einer aktuellen Liste des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) geführt. Das BVL prüft nicht, ob ein Pflanzenstärkungsmittel die Anforderungen für den biologischen Anbau erfüllt. Die Verantwortung dafür liegt bei den Anwender:innen. Beratung bieten z. B. die Öko-Kontrollstellen.

Aktuelle Liste der Pflanzenstärkungsmittel: https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/PflStM_liste.html?nn=11020004

Frischhaltemittel bei Schnittblumen

Alle Betriebsmittel zum Frischhalten von abgeschnittenen Zierpflanzen werden als Blumenfrischhaltemittel bezeichnet. Im biologischen Anbau dürfen nur die Frischhaltemittel eingesetzt werden, die auf der BVL-Liste der Pflanzenstärkungsmittel gelistet sind. 

Weitere Infos unter: https://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/04_Pflanzenschutzmittel/01_Aufgaben/04_Pflanzenstaerkungsmittel/psm_Pflanzenstaerkungsmittel_node.html

Biologischer und biotechnischer Pflanzenschutz

Zum biologischen Pflanzenschutz gehört der Einsatz lebender Organismen, die nicht GVO-Ursprungs sind. Diese dürfen nur dann genutzt werden, wenn sie mit den Bedingungen und Einschränkungen, die in den einschlägigen Bewertungsberichten aufgeführt werden, sowie mit artspezifischen, technischen Maßnahmen (d. h. biotechnischen Maßnahmen) zur Befallsüberwachung, Vorbeugung und direkter Bekämpfung von Schädlingen im Einklang sind. 

Zu den biotechnischen Pflanzenschutzmaßnahmen zählen Barrieren wie insbesondere Insektenschutznetze und Leimringe zum Abfangen. Fallen mit Fraßlockstoffen wie Saft oder Essig und attraktive Farben (Gelb- oder Weißtafeln) dienen vornehmlich der Befallsüberwachung. Durch die Beobachtung der Insektenfänge lassen sich die Notwendigkeit von Pflanzenschutzmaßnahmen und geeignete Behandlungszeitpunkte abschätzen. Auch Pheromone in Fallen zur Befallsüberwachung (Monitoring) und in Dispensern zur Behinderung der Paarungsfindung und Befallsreduktion (Verwirrtechnik) sind im Bio-Anbau zulässig.

Einsatz von Pflanzenschutzmitteln

Treten trotz der Vorbeugemaßnahmen Krankheiten oder Schädlinge auf, können Bio-Betriebe auf eine begrenzte Auswahl von Wirkstoffen gemäß dem Anhang I der VO 2021/1165 zurückgreifen. Im biologischen Landbau dürfen die Wirkstoffe nur dann als Pflanzenschutzmittel angewendet werden, wenn diese als solche zugelassenen sind. Der Anhang I der VO 2021/1165 zählt die Wirkstoffe auf, die in den zur Anwendung kommenden Pflanzenschutzmitteln enthalten sein dürfen. Die Stoffe, die dort nicht aufgeführt sind, sind unzulässig. 

Die zugelassenen Wirkstoffe sind in 4 Unterkategorien aufgeteilt:

  • Grundstoffe (siehe unten » “Einsatz von Grundstoffen”)
  • Wirkstoffe mit geringem Risiko
  • Mikroorganismen (Pilze, Bakterien und Viren): Mikroorganismen dürfen ausschließlich dann in der ökologischen/biologischen Produktion verwendet werden, wenn sie nicht GVO-Ursprungs sind und wenn sie in Einklang mit den in den einschlägigen Bewertungsberichten aufgeführten Bedingungen und Einschränkungen verwendet werden.
  • In keiner der oben genannten Kategorien enthaltene Wirkstoffe

Alle für den biologischen Landbau zugelassenen Pflanzenschutzmittel sind auf der Webseite des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) unter der Auswahl für den biologischen Landbau aufgeführt. https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/psm_oekoliste-DE.html

Einsatz von Grundstoffen

Grundstoffe sind keine Pflanzenschutzmittel und dürfen auch nicht als solche vermarktet werden. Die Anwendung von Stoffen und Gemischen, die ausschließlich genehmigte Grundstoffe im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 enthalten, unterliegt nicht der Zulassungspflicht (§ 12 Absatz 4 Nummer 2 Pflanzenschutzgesetz). Grundstoffe durchlaufen daher nicht das übliche Genehmigungsverfahren für Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe in der EU, sondern unterliegen einem vereinfachten Genehmigungsverfahren. Die Genehmigung eines Grundstoffs erfolgt auf der Grundlage eines Beurteilungsberichts. Darin werden die Identität und die Spezifikation festgelegt, die zulässigen Anwendungen beschrieben und die Bedingungen festgelegt, unter denen der Grundstoff angewendet werden darf. 

Im biologischen Anbau dürfen nur Stoffe zum Pflanzenschutz verwendet werden, die im Anhang I der VO 2021/1165 aufgeführt sind. Dort werden auch Regelungen zur Anwendung von Grundstoffen formuliert. Eine Übersicht über die im biologischen Anbau zulässigen Grundstoffe kann der Grundstoff-Datenbank des Pflanzenschutzamtes Berlin entnommen werden. Dort sind auch weitere Informationen zum Thema Grundstoffe zu finden.

In der Praxis dürfen die entsprechenden und genehmigten Grundstoffe in Form von selbst hergestellten Zubereitungen mit Wasser zur Regulierung von Schadorganismen im eigenen Betrieb angewendet werden.

Grundstoffe dürfen nicht zur Verwendung als Herbizide, sondern nur zur Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten verwendet werden. Daher darf man beispielsweise Essig nicht als Herbizid einsetzen.

Beimischungen von Zusatzstoffen zu Pflanzenschutzmitteln

Zusatzstoffe für Pflanzenschutzmittel können im Bio-Landbau uneingeschränkt verwendet werden, da sie nicht durch die EU-Bio-Verordnung geregelt sind. Zusatzstoffe sind beispielsweise Synergisten und Formulierungshilfsmittel, die Pflanzenschutzmitteln beigemengt werden, um als Schaumbremsen oder Haftmittel zu wirken.

Nagerregulierung

Jeglicher Einsatz von Giftködern (auch innerhalb von Köderboxen) ist auf Kulturflächen und in Gewächshäusern unzulässig. Eine Nagerregulierung darf dort nur mechanisch/physikalisch oder durch die Förderung natürlicher Feinde erfolgen. Abgase aus Holz-/Kohlevergasern und Verbrennungsmotoren sind aus Umwelt- und Bodenschutzgründen, wie auch im konventionellen Anbau, nicht zulässig.

Der Einsatz von Rodentiziden ist ausschließlich im Lager erlaubt. Hier gilt das Hygienegesetz. Rodentizide dürfen nur in Köderboxen eingesetzt werden.

Rechtsgrundlage der EU-Bio-Verordnung

  • VO 2018/848 Anh. II Teil I 1.10, 1.5.1.7., Kapitel III Art. 9
  • VO 2021/1165 Anh. I

Beispiel für mögliche Verstöße und Vorsorgemaßnahmen

Der verwendete Grundstoff ist für den Zweck oder die Kultur nicht zugelassen. So wurde Essig als Herbizid bei Zierpflanzen eingesetzt.

Eine geeignete Vorsorgemaßnahme könnte daher sein, nur für den jeweiligen Zweck oder Kultur erlaubte Mittel einzusetzen, dies vor dem Einsatz zu prüfen und ggf. mit der Kontrollstelle abzusprechen. Grundsätzlich dürfen Grundstoffe nicht als Herbizid eingesetzt werden. 

 

Link: Vorsorgekonzept Erzeugerbetriebe

Weiterführende Links und Merkblätter