
Mutterpflanzen
Allgemeine Bestimmungen
Mutterpflanzen sind Pflanzen, von denen Pflanzenteile wie Stecklinge, Ausläufer, Wurzelschnittlinge und Teilpflanzen oder auch Saatgut als Pflanzenvermehrungsmaterial im Bio-Betrieb entnommen werden, um daraus neue Pflanzen zu erzeugen.
Umstellungszeit
Zur Erzeugung von Bio-PVM müssen Mutterpflanzen während mindestens 1 Generation oder bei mehrjährigen Kulturen während mindestens 1 Generation im Laufe von 2 Wachstumsperioden nach den Vorschriften der EU-Bio-Verordnung erzeugt worden sein.
„Generation“ (Definition in der EU-Bio-Verordnung): eine Pflanzengruppe, die eine Stufe innerhalb der Abstammungslinie von Pflanzen bildet.
Konkret bedeutet dies:
Während mindestens 1 Generation bei 1-jährigen Kulturen:
- generativ: Aussaat der Samen im Frühjahr (daraus entstehen die Mutterpflanzen), Ernte der Samen (Filial- oder Töchtergeneration) im Herbst. Kann in 1 (z. B. Sonnenblume) oder in 2 Vegetationsperioden (z. B. Wintergetreide) erfolgen.
- vegetativ: Pflanzung des PVM im Frühjahr (Mutterknolle ist Elterngeneration), Ernte des vegetativen PVM (der entstandenen Tochterknollen) im Herbst (innerhalb einer Vegetationsperiode), z. B. Dahlienknollen, Kartoffeln
Während mindestens 1 Generation im Laufe von 2 Wachstumsperioden bei mehrjährigen Kulturen:
- generativ: Aussaat oder Pflanzung der Mutterpflanzen im Frühjahr, Ernte des entstandenen PVM im Herbst des Folgejahres (zum Ende der 2. Vegetationsperiode), z. B. Saatgut von Stauden
- vegetativ: Pflanzung der Mutterpflanzen oder des PVM im Frühjahr, Ernte des entstandenen PVM im Herbst des Folgejahres, (zum Ende der 2. Vegetationsperiode), z. B. Stecklinge, Knollen, Zwiebeln von Stauden
PDF: Fallbeispiele Mutterpflanzen 1-jahriger Arten, Beispiele Schnittblumen
PDF: Fallbeispiele Mutterpflanzen mehrjähriger Arten, Beispiele Stauden
PDF: Fallbeispiele Mutterpflanzen mehrjähriger Arten, Beispiele Baumschule
Im Bio-Betrieb stehen Mutterpflanzen i. d. R. in Mutterpflanzenquartieren grundsätzlich im gewachsenen Boden. Im Regelfall sind diese aus Stecklingen oder Saatgut gezogen. Im Einzelfall ist aus z. B. phytosanitären oder klimatischen Gründen die (zeitweise) Kultur von Mutterpflanzen in Töpfen oder anderen Behältnissen möglich.
Da eine Umstellung von Mutterpflanzen in Töpfen nicht möglich ist, kann das entnommene Ausgangsmaterial dieser Mutterpflanzen im Topf nicht mit Bio-Kennzeichnung vermarktet werden. Dieses Material darf im eigenen Betrieb verwendet werden.
Einsatz konventioneller Mutterpflanzen
Werden Mutterpflanzen zugekauft, müssen diese grundsätzlich in Bio-Qualität bezogen werden. Die Voraussetzungen für den Zukauf von konventionellen Mutterpflanzen sind bundeslandspezifisch geregelt. Informationen dazu erteilt die zuständige Kontrollstelle.
Der Einsatz konventioneller Mutterpflanzen inklusive Ort und Zeitpunkt der Auspflanzung muss dokumentiert werden. Eine Ausnahmegenehmigung ist für Mutterpflanzen nicht möglich, da sie per Definition der Verordnung kein PVM mehr sind, sondern eine ganze Pflanze. Ausnahmegenehmigungsfähig ist ausschließlich Pflanzenvermehrungsmaterial (PVM).
Werden konventionelle Mutterpflanzen zugekauft müssen diese im gewachsenen Boden die Umstellungszeit durchlaufen.
Vegetatives Vermehrungsmaterial von konventionellen Mutterpflanzen (Schnitt/Abnahme oder Zerteilen)
1. Anbau im Boden bei Schnitt/Abnahme von Stecklingen:
Stecklinge (oder andere vegetative Pflanzenteile), die von der konventionellen Mutterpflanze im 1. Jahr der Umstellung der Fläche geschnitten/abgenommen werden, sind konventionell und dürfen bei Nichtverfügbarkeit von Bio-Stecklingen und weiteren vegetativen Pflanzenteilen im eigenen Betrieb verwendet werden.
1-jährige Kulturen:
Bei 1-jährigen Kulturen müssen die Mutterpflanzen während mindestens 1 Generation biologisch bewirtschaftet sein.
Mehrjährige Kulturen (bei Pflanzung der konventionellen Mutterpflanze auf Bio-Fläche):
- Nach Ende der 1. Bio-Wachstumsperiode erreicht die Mutterpflanze den Umstellungsstatus. Die Stecklinge und weitere vegetative Pflanzenteile aus der Umstellung dürfen uneingeschränkt im eigenen Betrieb verwendet und mit Umstellungshinweis vermarktet werden.
- Zur Gewinnung von Bio-Stecklingen müssen konventionell gekaufte Mutterpflanzen über 2 Wachstumsperioden biologisch bewirtschaftet werden. Nach Ende der 2. Wachstumsperiode sind die Stecklinge und weitere vegetative Pflanzenteile biologisch.
2. Zerteilen der Pflanze bei Zukauf, die Pflanze bleibt nicht erhalten:
- Teile der Pflanzen wie beispielsweise bei Risslingen, die von der konventionellen Mutterpflanze entnommen werden, sind konventionell und dürfen bei Nichtverfügbarkeit von Bio-Teilpflanzen mit Ausnahmegenehmigung über die OXS-Datenbank verwendet werden.
Generatives Vermehrungsmaterial (Saatgut) von Mutterpflanzen
Saatgut, das von der konventionellen Mutterpflanze im 1. Jahr der Umstellung geerntet wird, ist konventionell und darf bei Nichtverfügbarkeit von Bio-Saatgut im eigenen Betrieb verwendet werden.
1-jährige Kulturen:
Bei 1-jährigen Kulturen müssen die Mutterpflanzen während mindestens 1 Generation biologisch bewirtschaftet sein.
Mehrjährige Kulturen (bei Pflanzung der konventionellen Mutterpflanze auf Bio-Fläche):
- Nach Ende der 1. Bio-Wachstumsperiode erreicht die Mutterpflanze den Umstellungsstatus. Das Saatgut aus der Umstellung darf uneingeschränkt im eigenen Betrieb verwendet und mit Umstellungshinweis vermarktet werden.
- Zur Gewinnung von Bio-Saatgut müssen konventionell gekaufte Mutterpflanzen mindestens 1 Generation im Laufe von 2 Wachstumsperioden ökologisch bewirtschaftet werden. Zum Ende der 2. Wachstumsperiode ist das Saatgut biologisch.
Rechtsgrundlage der EU-Bio-Verordnung
- VO 2018/848 Art. 3
- VO 2018/848 Anh. II Teil I 1.8
- VO 2018/848 Anh. II Teil I 1.8.2
Beispiel für mögliche Verstöße und Vorsorgemaßnahmen
Konventionelles Pflanzenvermehrungsmaterial wird ohne eine Ausnahmegenehmigung eingesetzt.
Vorsorgemaßnahme: Vor jeder PVM-Verwendung wird der Status des PVM in der Datenbank www.OrganicXSeeds.de geprüft. Bei Unsicherheiten wird die Kontrollstelle befragt. Das Thema wird in die regelmäßigen Schulungen aufgenommen.