Stecklinge und weitere vegetative Pflanzenteile

Allgemeine Bestimmungen

Stecklinge und weitere vegetative Pflanzenteile (im Folgenden „Stecklinge und Co.“ genannt) wie Risslinge, Teilpflanzen, Knollen, Zwiebeln und Krallen müssen im biologischen Anbau aus biologischer Vermehrung stammen. Da diese im Zierpflanzensektor nicht für das gesamte Arten- und Sortenspektrum und teilweise auch nicht in den benötigten Mengen verfügbar sind, können Ausnahmen beantragt werden. 

Voraussetzungen für den Einsatz von konventionellen Stecklingen und Co.

Prüfung der Verfügbarkeit

Die Verfügbarkeit von Stecklingen und Co. aus biologischer Produktion muss in der OXS-Datenbank www.organicXseeds.com (OXS) überprüft werden. Ist Pflanzenvermehrungsmaterial (PVM) der gewünschten Sorte vorhanden, ist dessen Verwendung Pflicht. 

Falls keine Bio-Stecklinge der Art/Sorte verfügbar sind, kann im Zierpflanzenbereich konventionelles, nicht chemisch behandeltes (z. B. Stecklinge ohne Behandlung mit chemischen Bewurzelungshilfsstoffen, Zwiebeln und Knollen ohne chemische Begasung) Material eingesetzt werden. 

Verwendung von konventionellen Stecklingen und Co.

Eine Ausnahmegenehmigung (ANG) für die Verwendung von konventionell vermehrten Stecklingen und Co. kann erteilt werden, wenn: 

  • keine geeignete Sorte der Art in Bio-Qualität in der Datenbank aufgeführt ist,
  • die gewünschte Sorte nachweislich nicht in Bio-Qualität oder ausreichender Menge geliefert werden kann.

Grundlegende Voraussetzung für den Einsatz von konventionellen Stecklingen und Co. ist, dass diese nach der Ernte nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden, die nicht für die biologische Erzeugung zugelassen sind (z. B. die Begasung von Knollen) und dass es sich nicht um gentechnisch veränderte Arten/Sorten handelt. Dies sollte auf dem Lieferschein vermerkt sein.

Für die Verwendung von nicht-biologischen Stecklingen und Co. müssen Genehmigungen über die OXS-Datenbank www.organicxseeds.de beantragt werden. 

Die Datenbank ist im Zierpflanzenbereich für Stecklinge und Co. bislang nicht optimal vorbereitet, da der überwiegende Anteil von Arten/Sorten fehlt. Die meisten Arten und Sorten sind im Zierpflanzenbereich allgemeinverfügt (Stand März 2024). Verwender:innen müssen also keine Einzelgenehmigungen beantragen, sondern lediglich die Menge der Stecklinge und Co., die verwendet werden soll, in die Datenbank eintragen und diese „Bestätigung“ ausdrucken oder digital speichern, um sie bei der Kontrolle belegen zu können. Die Bestätigung ist für 2 Jahre aufzubewahren.

Inwieweit die Verwendung von allgemein genehmigten Arten/Sorten in der Datenbank eingetragen werden muss, unterscheidet sich je nach Bundesland. Angaben dazu sind in der OXS-Datenbank aufgeführt: https://www.organicxseeds.de/page/show?page=9fbffd7b-c8b6-d130-5f54-31a713ff276d

Arten und Sorten, die nicht in der OXS-Datenbank aufgeführt sind

Arten/Sorten, die nicht in der OXS-Datenbank aufgeführt sind, können direkt bei OXS per E-Mail, telefonisch oder in einem Online-Formular gemeldet werden. Nachdem die Art/Sorte durch OXS angelegt wurde, ist die Antragsstellung möglich. Auch gibt es die Möglichkeit, die nicht gelisteten Sorten und Arten im Zierpflanzenbereich unter „nicht gelistete Zierpflanze“ zu beantragen. 

Mögliche Sammelbestätigungen in der OXS-Datenbank

Wenn sehr viele nicht verfügbare und nicht gelistete Arten/Sorten des vegetativen PVM im Betrieb eingesetzt werden, gibt es in der Datenbank derzeit (Stand März 2024) die Möglichkeit eines Sammelantrags für die Ausnahmegenehmigungspraxis (bisher nur in einigen Bundesländern möglich). Bitte nehmen Sie hier Kontakt zu andrea.frankenberg(at)bioland.de auf. 

Verwendung und Produktion von eigenen Stecklingen und Co.

Grundsätzlich dürfen selbst erzeugte Stecklinge und Co. im Bio-Betrieb eingesetzt werden. Der Status der Fläche bestimmt hierbei den Status des Vermehrungsmaterials. Stecklinge und Co. von Flächen in der Umstellung haben „Umstellungsstatus“ und dürfen im Bio-Betrieb uneingeschränkt verwendet werden - unabhängig von der verfügbaren Qualität und Menge gemäß der OXS-Datenbank. Dies gilt auch für Stecklinge und Co., die im 1. Umstellungsjahr erzeugt wurden, soweit sie im eigenen Betrieb eingesetzt werden. 

Verkauf von eigenen Stecklingen und Co.

Eigene Stecklinge und Co. dürfen nur dann verkauft werden, wenn die rechtlichen Bedingungen, d. h. die für den Verkauf von Zierpflanzenpflanzgut bestimmten Verordnungen und Gesetze, eingehalten werden. Eine Übersicht der Gesetze ist hier einzusehen: https://www.bundessortenamt.de/bsa/das-bsa/rechtliche-grundlagen

Entspricht das Vermehrungsmaterial der EU-Bio-Verordnung sowie den Vorgaben der oben genannten Verordnungen und Gesetze, kann dieses in der OXS-Datenbank als Bio-Steckling und Co. oder Steckling und Co. aus der Umstellung angeboten werden. Der Eintrag erfolgt über folgende Datenbank: https://www.seeds4organic.eu/rdb.

Fallbeispiele über den Status des Pflanzenvermehrungsmaterials sind im Kapitel » Mutterpflanzen zu finden. 

Meristemkultur

Gemäß EU-Bio-Verordnung müssen alle Vermehrungsmethoden außer der Meristemkultur in biologischer Bewirtschaftung durchgeführt werden. Vegetatives PVM aus Meristemkultur kann daher mit einer Ausnahmegenehmigung und Prüfung der Nichtverfügbarkeit eingesetzt werden.

Forschung Bio-Meristemkultur

Die BÖL-geförderten „BioVitro“-Projekte der Humboldt Universität zu Berlin beschäftigen sich mit der bio-konformen In-Vitro-Kultur.

Weitere Infos zur bio-konformen In-Vitro-Kultur: Abschlussbericht BioVitro Projekt I: https://orgprints.org/id/eprint/39537/

Rechtsgrundlage der EU-Bio-Verordnung

  • VO 2018/848 Anh. II Teil I 1.8
  • VO 2020/464 Anhang III

Beispiel für mögliche Verstöße und Vorsorgemaßnahmen

Verwendung begaster Tulpenzwiebeln

Zur Vorsorge muss bei der Anlieferung auf dem Lieferschein kontrolliert werden, dass der Hinweis „nicht chemisch behandelt“ darauf steht. Die Tulpenzwiebeln selbst sollten auch kontrolliert werden, denn eine Begasung oder andere Behandlung kann ggf. auch visuell festgestellt werden. Zudem müssen die Mitarbeitenden entsprechend geschult werden, siehe » Vorsorgekonzept Erzeugerbetriebe.

siehe » Vorsorgekonzept Erzeugerbetriebe

Weiterführende Infos im Netz